Teacher-ProGRESS

Wer wir sind

Das Projekt Teacher-ProGRESS1 hat das Ziel, gruppenanalytisches Coaching in Primar- und Sekundarschulen zu etablieren. Dr. Lars Dietrich und Petra Weber leiten das Projekt. Nach vielen Jahren Lehr- und Forschungstätigkeit sind sie gemeinsam zu der Überzeugung gelangt, dass die Gruppenanalyse die erfolgversprechendste Methode ist, Schulen und Lehrkräfte auf ihrem Professionalisierungs- und Entwicklungsweg effektiv unterstützen zu können.

1Teacher-Professionalization for Gaining and Retaining Emotional and Social Skills, oder auf Deutsch: Lehrkraftprofessionalisierung für die Entwicklung und Nachhaltigkeit emotionaler und sozialer Kompetenzen

Zentrale Ziele gruppenanalytischen Coachings

Schüler/innen

Einer der häufigsten Gründe, warum Schulen ein Coaching anfragen, ist das als zunehmend schwierig wahrgenommene Verhalten vieler Schülerinnen und Schüler. Viele Lehrkräfte haben die Erfahrung gemacht, dass Unterrichtsstörungen im Laufe der Jahre soweit zugenommen haben, dass die Umsetzung eines geregelten Unterrichts kaum noch möglich ist. Dieses Thema verbindet sich vielerorts mit dem Gefühl einer zunehmenden Gewaltbereitschaft unter Schülerinnen und Schülern, sowohl gegenüber Lehrkräften, als auch den Mitschülerinnen und Mitschülern. Repräsentative Vergleichsstudien, nach denen die Schulleistungen in Deutschland schon vor der Coronapandemie deutlich nachgelassen haben, unterstützen die These, dass die Umsetzung qualitativ hochwertigen Unterrichts zunehmend schwieriger geworden ist.

Reduktion von Gewalt, Mobbing und Unterrichtsstörungen

Das Teacher-ProGRESS-Schulcoaching begegnet der Herausforderung durch Mobbingdynamiken und Unterrichtsstörungen auf zwei Wegen. Einerseits stärkt es die kollektive Selbstwirksamkeit des Lehrkräftekollegiums. Der intensive Austausch im Lehrkräftekollegium über Problemfälle führt zu einer deutlich effektiveren pädagogischen Gegensteuerung bei grenzüberschreitendem Verhalten. Andererseits lernen die Lehrkräfte eine gruppenanalytische Haltung und gruppenanalytisch-pädagogische Strategien, die das externalisierende Verhalten im Klassenzimmer im Laufe eines Schuljahres – empirisch nachgewiesen – reduzieren.

Förderung psychosozialer Entwicklung

Neben der Reduktion von grenzüberschreitendem Verhalten der Schülerinnen und Schüler lernen die Lehrkräfte im Zuge des Coachings, wie sie die psychosoziale Entwicklung aller Schülerinnen und Schüler effektiver fördern können. Die gruppenanalytisch-pädagogischen Haltungen und Strategien führen insbesondere zu einer Steigerung der Empathiefähigkeit, des Klassenzugehörigkeitsgefühls, und der sozialen und lernbezogenen Selbstwirksamkeit. Gleichzeitiger nimmt das insbesondere unter Mädchen zunehmend stärker verbreitete zurückgezogene Verhalten (bis hin zu depressiven Zügen) ab. Auch diese Effekte sind mittlerweile empirisch belegt.

Konfliktbearbeitung und Demokratieerziehung

Seit Jahrzehnten fordern Politik und Gesellschaft, dass die Schule eine effektive Demokratieerziehung umsetzen soll. Doch wie setzt man sowas um? Tatsächlich gibt es keine überzeugenden empirischen Hinweise, dass bisherige Bemühungen der Demokratieerziehung wirksam sind. Aus gruppenanalytischer Perspektive ist es für eine demokratische Erziehung in der Schule in erster Linie wichtig, dass Schülerinnen und Schüler lernen, wie Konflikte empathisch im Gruppenkontext bearbeitet werden können. Dazu gehört auch das Ausarbeiten gemeinsamer Kompromisse und das Aushalten unterschiedlicher Standpunkte, ohne Rückgriff auf physische oder psychische Gewalt.

Lehrkräfte und Schulleitung

Aufgrund des als zunehmend schwierig wahrgenommenen Verhaltens der Schülerinnen und Schüler stehen viele Lehrkräfte unter großem Druck, der sich negativ auf ihre Arbeitsfähigkeit und Arbeitszufriedenheit auswirkt. Zahlreiche Lehrkräfte haben aus diesem Grund in den letzten Jahren ihren Beruf aufgegeben bzw. aufgrund von zunehmenden Burnoutsymptomen aufgeben müssen. Das gruppenanalytische Schulcoaching hilft, Belastungen zu reduzieren, u. a. indem es die kollektive Selbstwirksamkeit des und Kommunikation im Lehrkräftekollegium steigert.

Steigerung der kollektiven Selbstwirksamkeit

Die großen Herausforderungen des Schulalltags können Lehrkräfte nur bestehen, wenn sie effektiv zusammenarbeiten. Zahlreiche empirische Studien zeigen, dass die kollektive Selbstwirksamkeit der wichtigste Schulfaktor für eine positive psychosoziale und lernbezogene Entwicklung der Schülerinnen und Schülern ist. Die Realität ist aber, dass Lehrkräfte vor der Klasse allein gestellt sind. Sie sind Einzelkämpfer/innen. Es ist das Resultat einer unausgesprochenen (und von vielen Lehrkräften verinnerlichten) Norm, dass gute Lehrkräfte in ihren Klassen immer alles unter Kontrolle haben und Schwierigkeiten ein Zeichen für Unfähigkeit sind. Dieser (insbesondere für unerfahrene Lehrkräfte kaum zu erfüllende) Anspruch führt dazu, dass große Herausforderungen und Probleme im Unterricht, sowie die damit verbundenen schwierigen Gefühle, vor den Kolleginnen/Kollegen versteckt werden. Aufgrund steigender Verhaltensauffälligkeiten von Seiten der Schüler/innen stößt dieser Ansatz jedoch zunehmend an seine Grenzen.

Effektivere Kommunikation

Sobald Lehrkräfte einen sicheren und geschützten Raum zur Verfügung haben, in dem sie sich ohne ein zu großes Ausmaß an Angst- und Schamgefühlen über tägliche Herausforderungen, Probleme und Schwierigkeiten mit Schüler/innen austauschen können, entstehen neue Möglichkeiten der Zusammenarbeit. Die Schüler/innen merken in solchen Fällen sehr schnell, dass sie es z. B. bei eigenem grenzüberschreitendem Verhalten nicht mehr mit einzelnen (und oft unzureichend informierten) Lehrkräften zu tun bekommen, die gegeneinander ausgespielt werden können, sondern mit einer Gruppe an Lehrkräften, die in engem Kontakt miteinander steht. Das Ergebnis der effektiveren Kommunikation zwischen Lehrkräften ist eine Steigerung ihrer Autorität und Durchsetzungskraft bei schweren Regelverstößen (z. B. Gewalt). Gleichzeitig können sich die Lehrkräfte als Team effektiver um die individuellen Bedürfnisse ihrer Schüler/innen kümmern.

Emotionale Entlastung

Emotionale Entlastung wird in erste Linie dadurch erreicht, dass sich Lehrkräfte nicht mehr mit ihren schwierigen Herausforderungen und belastenden Gefühlen alleingelassen fühlen. Burnout ist die Folge von Dauerstress, der sich zunehmend in emotionalen, psychischen und physischen Ermüdungserscheinungen niederschlägt. Aus gruppendynamischer Sicht ist eine der Hauptursachen für den chronischen Stress von Lehrkräften ein in Schulen übliches „Einzelkämpferklima“. Sobald über schwierige Herausforderungen im Schulalltag offen und transparent innerhalb eines sicheren Rahmens gesprochen werden kann, kommt es oft überraschend schnell zu einer deutlichen emotionalen Entlastung.

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